Teenager sein ist ein hartes Los. Besonders wenn man ständig zweifelt: an sich selbst, an seinem Platz in der Welt, seinem Aussehen oder gar seinen Freunden. Dieser Themen nimmt sich die Jugendliteratur gerne an. Jugendbücher gehören zu einem Genre, dass sich meiner Meinung nach (und wirklich nur meiner persönlichen Meinung nach) oft in einem literarischen Niemandsland bewegt. Nicht mehr Kinderbuch, aber auch noch nicht Erwachsenenbuch mit erwachsenen Themen, oft voller Weltschmerz und moralisierender Untertöne oder geprägt von trivialen Dialogen und Ereignissen.
Die zwei Bücher, die wir heute vorstellen, sind da keine Ausnahme, so unterschiedlich sie auch sind, sowohl von der sprachlichen Gestaltung als auch vom Inhalt.
Wunder ist die Geschichte von August, einem Jungen, dessen Gesicht entstellt ist, der unzählige Operationen über sich ergehen lassen musste und nun, nachdem er jahrelang zu Hause unterrichtet wurde, zum ersten Mal in eine Schule kommt. Das Buch beginnt mit Augustus als Erzähler. Er beschreibt seine Erlebnisse und seine Gedanken in einer einfachen, klaren und unaufgeregten Sprache. Als Leser sind wir mit ihm mitten im Geschehen und lernen die Welt aus seiner Sicht kennen. Wir erleben die Herausforderungen, denen er sich stellen muss, im wahrsten Sinne des Wortes hautnah mit.
Faszinierend an dem Buch ist jedoch, dass die Perspektiven wechseln. Plötzlich erzählt die Schwester von Augustus die Geschichte aus ihrer Sicht, und auch Freunde der beiden bekommen die Chance, als Erzähler die Geschichte zu gestalten. Dieser Perspektivenwechsel macht das Buch interessant und spannend zu lesen und verhindert, dass man als Leser in Mitgefühl versinkt. Stattdessen gelingt es Raquel Palacio quasi das Äquivalent zu einem 3D-Film zu schreiben. Eine mehrschichtige und lebensnahe Geschichte.
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Plötzlich unsichtbar ist ein völlig anderes Buch. Wenn wir bei den Filmvergleichen bleiben, entspricht es eher eine Teenie-Actionkomödie. Die Zutaten: Highschool-Umfeld, Superkräfte, Freundschaft und ein Geheimnis, das es aufzudecken gilt. Die Sprache ist leicht, im Jugendjargon (oder was Erwachsene dafür halten) geschrieben und die Geschichte ist unterhaltsam. Jess ist ein “ganz normales” Mädchen, das plötzlich Superkräfte (unsichtbar werden hat Vor- und Nachteile) entwickelt. Sie ist jedoch nicht allein mit dieser Erfahrung.
Auch andere Jugendliche in ihrem Freundeskreis scheinen aussergewöhnliche Kräfte zu haben, bzw. zu entwickeln. Was bleibt also übrig, als dem Ursprung dieses Geheimnisses auf den Grund zu gehen? Das Buch ist leicht und unbeschwert geschrieben und macht Spass zu lesen, auch wenn die Handlung keine wirklichen Überraschungen bietet und einem bewährten Themenmix folgt.
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Die Jugendromane Wunder und Plötzlich unsichtbar könnten unterschiedlicher nicht sein. Während Wunder den Leser in seiner komplexen Erzählweise in den Bann zieht, darf Plötzlich unsichtbar in die Kategorie Trivial-Literatur eingereiht werden. Doch eines haben sie gemeinsam, beide behandeln Themen, die Teenager tagtäglich beschäftigen: wer bin ich, werde ich geliebt, muss ich mich verändern, wo ist mein Platz in der Welt, wer steht zu mir?
Noch intensiver setzen wir uns (Eva Murer und Adrian Plitzco) mit dem Thema Jugendliteratur und insbesondere über die Identitätssuche bei Jugendlichen im Podcast „Kinder-Bücher-Musik“ des multikulturellen Radiosenders SBS in Australien auseinander. Eine Viertelstunde voller Informationen, Textbeispielen, Gespräche mit Autoren, Verlegern und Experten, Tipps, Analysen, hin und wieder Dispute, aber meistens Spass.
Ihr Lieben,
eignet sich das Buch “Wunder” für Achtklässler als Klassenlektüre?
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Mine
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